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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 154

1911 - Erfurt : Keyser
154 feinen Branntwein mehr beschaffen tonnte, in den Rauchfang gehängt, in welchem unten das Feuer brannte. Zwar wurde ab und zu ein bei Mordtat ertappter Kroat am Gack gehenft oder neben dem Pranger fnieend mit dem Schwert enthauptet, aber damit trat feine Besserung ein. Ueber ein Jahr war niemand auf den Landstraßen feines Lebens sicher, und Wagenlasten sonn-len nur noch mit militärischer Bedeckung befördert werden. Lolches geschah in den ersten 10 Jahren des Krieges, und es ist dabei geblieben, bis der Frieden nach weiteren 20 langen Jabren wieder ins Land zog. inach Prof. Alfred Kirchhoff.) 48. Gustav Adolfs Einzug in Erfurt. 22. September 1631. Es war ein Donnerstag, an dem der Einzug Gustav Adolfs in Erfurt zu erwarten stand. Erst am Tage vorher, am 21. September, war Herzog Wilhelm von Weimar, der dem König feine Dienste angeboten hatte, vor dem Krämpfertor erschienen und ohne ernsthaften Widerstand der Torwache an der Spitze eines schwedischen Regimentes in die Stadt eingezogen. Er hatte dann den Ehrbaren Rat zu sich auf den Marftplatz vor den Graden entboten und ihm die Schlüssel der Stadt abverlangt. Sie wurden ihm auch ohne Weigerung von allen sechs Haupttoren der Stadt überreicht, so daß Erfurt beim Einzuge des Königs bereits in schwedischen Händen war. Einzug: Die Herzen der Erfurter schlugen dem Sieger von Breitenfeld warm entgegen. Wer nur irgend sonnte, eilte herbei, uni ihn zu sehen und ihm zuzujubeln. Schon in aller Frühe hatten die Türmer das Herannahen der Heersäulen am nördlichen Horizont bemerft und den Bürgern verfündet. Seit Mittag harrten diese, Kops an Kops gedrängt, ans die Einziehenden. Der Platz vor der „hohen Lilie", dem zum Hauptquartier des Königs bestimmten Wohnhaus des Ratsherrn Hiob Ludolf, war bereits überfüllt, ebenfo der Rubemnarft (von der Marftstraße bis zur Andreaskirche) und die Straßen nach dem Andreastor. Aber noch immer drängten neue Scharen aus dem Innern der Stadt herzu. Da ertönte um die vierte Nachmittagsstunde als erster Willfom-mengruß das Geläut der Maria Gloriosa, und sofort mischten sich die andern Glocken dazwischen. Erwartungsvoll lauschte die Menge. Endlich erklangen die ersten Trompetensansaren, und von fern sah man Waffen im Sonnenlicht des heiteren Septembertages erglänzen. Näher und näher kam das Brausen eines vieltausendstimmigen Jubels. Begrünung: Jetzt erschien auch der König. Hoch zu Roß ritt er vor seinen finnischen Panzerreitern einher, einfach und doch herzgewinnend. Seine frostige Gestalt überragte um Haupteslänge

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 195

1911 - Erfurt : Keyser
— 195 — parentgemälden hatte schmücken lassen. Sie stellten die Schönheit, Weisheit und Stärke dar. Die Stärke verkörperte ein edler, kraft- voller Jüngling in römischer Rüstung, der aus einem Löwen sah und eine Säule von blauem Jaspis (Edelstein) in der Hand hielt. Einige Züge des Gesichtes waren Napoleon ähnlich. Aus dem dreieckigen Gielielselde leuchtete Frankreichs Adler hervor. Alle Linien des Gebäudes waren durch mehrere Tausend Lampen erleuchtet, deren Glanz den weilen Platz mit Tageshelle erleuchtete. Unter dem Dache prangte die Inschrift: Magnitudo illius stabilis, quem omnes supra se et pro se noscunt. In freier Uebersetzung: „Unerschütterlich ist die Größe desjenigen, den alle als ihren Herrn und Beschützer anerkennen." Neben dieser Inschrift gab es noch viele andere, welche Verehrung und Unterwürfigkeit in hochtönenden Worten zum Ausdruck brachten. Hin und wieder hatte es aber ein Ersurter Bürger auch gewagt, seinem Mißmut freien Lauf zu lassen. So hatte ein Obsthändler den köstlichen Einsall gehabt, ein von Lampen gebildetes, riesiges „Ach!" an seinem Hause anzubringen. Eine recht zweideutige Inschrift! Doch der Mann konnte auf eine Anfrage, die man an ihn richtete, die Versicherung geben, daß er durch diesen Ausrus nur seiner Freude über die Anwesenheit des Kaisers habe Ausdruck geben wollen, während er in seinem Innern vielleicht ganz anders dachte. Die Festbeleuchtung sollte nicht ohne einen kleinen Unfall vorübergehen, der leicht bedenklichen Umfang hätte annehmen können. Am Ratskeller auf dem Fischmarkt brannte der mit Lampen erhellte Namenszug des Kaisers ab. Die Flamme wurde zwar rasch gelöscht, sie hatte aber bereits den den Völkern Europas so furchtbaren Namen in Asche verwandelt. Dem Kaiser wurde dies ohne Zweifel verschwiegen; deun bei seiner abergläubischen Beanlagung würde er von dem Vorgänge höchst unangenehm berührt gewesen sein. Anwesende Fürstlichkeiten: Von diesem Tage an füllte sich Erfurt mit einer gewaltigen Zahl von Monarchen, Hofwür-denträgern, Ministern, Generalen und sonstigen vornehmen Personen. Im ganzen weilten damals in Erfurt: 2 Kaiser, 4 Kö- nige, 1 Königin, 1 Großfürst, 1 Fürst-Primas, 17 regierende Fürsten und Fürstinnen, 6 Erbprinzen und Erbprinzessinnen, 1 königlicher Prinz (von Preußen) und 23 andere Prinzen, 34 Grafen, 20 Generale und über 50 Barone und Edelleute, ungerechnet die zahlreichen täglich ab- und zuströmenden, vornehmen Fremden. Aus dem Gefolge des Herzogs von Weimar sind besonders hervorzuheben die Geheimräte von Goethe und Wieland. (Nach Arnold, Beyer u. a.) 13*

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 201

1911 - Erfurt : Keyser
— 201 — begann das Bedrückungs- und Aussaugungssystem von neuem. Die Stadt, die in den frohen Tagen des Kongresses erleichtert ausgeatmet hatte, seufzte abermals schwer unter dem Joche der Fremdherrschaft. (Nach Guido Sautter u. a.) d) Brief von Karoline Sartorius über ihre Eindrücke während des Fürltenkongrettes im 3ahre 1808. Mit einer Empfehlung von Goethe an den Präsidenten v. d. Recke und seine liebenswürdige Frau versehen, fuhren wir am Samstag früh (9. Oktober) nach Erfurt zurück. Wenn man nie eine große Stadt gesehen bat, so kann man sich von dem Leben, das dort herrscht, keinen Begriff machen. Selbst in Paris, glaube ich, kann es nur mit den Stadtteilen verglichen werden, die dem Hofe nahe liegen, und auf jeden Fall muß sich der Glanz dort mehr verteilen als hier, wo sich soviel Pracht und Herrlichkeit in den wenigen Straßen einer mittleren Landstadt zusammendrängt. Halte es nicht für Uebertreibung, der Anblick der glänzenden Equipagen und Pferde, der Ordensbänder und Sterne, die Pracht der verschiedenartigsten Uniformen und Livreen ist wahrhaft augenblendend, dies gestehen selbst diejenigen, die mehr gesehen haben als ich. Vor den Häusern der gekrönten Häupter stand nach dem Maße ihrer Berühmtheit oder Größe ein größerer oder geringerer Haufe Volks. Vor dem Gouvernementsge-bände am Hirschgarten, wo Napoleon wohnt, strömte die Masse wie Meereswogen ewig ab und zu. Vor Alexanders Tür am Anger (Nr. 6) drängt man sich weniger. Der König von Westfalen (hohe Lilie) und der Großfürst Konstantin (Anger 41) haben auch ihr Publikum. Von dem Primas (höchster Bifchof des Reiches, Freiherr v. Dalberg) aber (am Falloch, Gegend des Landgerichts, 1813 eingeäschert), und von den Königen von Bayern (Marktstraße 21), Württemberg (Anger 23) und Sachsen (Haus zum breiten Herd) nehmen nur wenige Notiz. Zuweilen zeigen sich die großen Häupter vor der gaffenden Menge am Fenster. Der König von Württemberg schien sogar daselbst absichtlich zu sitzen. Napoleon hingegen sah man nie daran. Am Sonntagnachmittag ritten Alexander und Konstantin zu Napoleon, um diesen abzuholen, statt dessen aber blieben sie bei ihm sitzen, und so haben wir das Vergnügen verfehlt, Napoleon mit feinem Ruftan (ägyptischer Leibwächter) zu Pserde zu sehen. Die beiden Kaiser hatten vor ihren Häusern zwei Piketts (Wache) von den Kürassieren und zwei Grenadiere von der Garde. Die Könige mußten sich ohne Piketts behelfen. Die Prinzen und Marschäüe bekamen zwei Grenadiere von den Linientruppen und so fort alle Gattungen hindurch bis zum gemeinen Füsilier, alles nach der strengsten Hossitte. (Abends im Theater.) Zuerst der Mama ihr Landesherr (der König von Sachsen). Sieht gar schlecht aus. Trügt eine steife,

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 215

1911 - Erfurt : Keyser
— 215 davorstehenden Kinderschar, die _ das lustige Tierchen mit Nüssen fütterte O du glückliche, sorglose Jugend! u (Nach Const. Beyer u. ct.) 78. Vpie die Preußen endlich in Erfurt einziehen, die Franzosen aber ihren Buszug halten. 6. 3anuar und 16. Itlai 1814. Einzug der Preußen: Der langersehnte 6. Januar 1814 war da. Am Morgen verkündete ein Anschlag an den Straßenecken den Bürgern den Einmarsch der Preußen. Er jonte um 12 Uhr stattsinden, doch jedermann der Feier sernblerben. -wer ungeachtet dieses Verbotes harrte eine dichte Menge m den Em-zugsstraßen nach dem Schmidtstedtertor zu und ertrug geduldig zum letzten Male die Ausschreitungen der dort ausmarschierten französischen Regimenter. Der Einzug verzögerte sich bis nachmittags 2 Uhr. La verkündete endlich ein weithin schallendes Jubelgeschrei die Ankrmst der Befreier. Dem Zuge voran ritt eine Abteilung französischer Reiterei, der noch die Wache aus dem Schmidtstedtertor^ zu Fuß folgte. Dann kamen die Generale Kleist v. Nollendors und v. Börstel mit ihrer zahlreichen Begleitung zu Pferde. Hinter ihnen ritten 6 Trompeter der Landwehr-Ulanen in einfachen, grauen Uniformen^ den Tschako mit dem Kreuz geschmückt. Den Schluß bildete ein Bataillon der schlesischen Infanterie, begleitet von einem Musikkorps. Unter dem Geläut sämtlicher Glocken und dem Jauchzen der Menge gelangte der Zug auf den Anger, wo ihm vom Balkon des Packhofes (Ecke der heutigen Bahnhofstraße) mit Posaunenton das herrliche Lied: „Nun danket alle Gott!" entgegentönte. Alle waren tief ergriffen, brachte doch der heutige Tag die Erlösung von einer 73tägigen Belagerung unter der Gewaltherrschaft der Franzosen. £Yw... Störung des Einzugs durch die Franzosen: Plötzlich fielen aus geringer Entfernung einige Flintenschüsse, und sogleich stürzte sich alles Volk in wildem Gedränge nach der Gegend des Ursulinenklosters, von woher man den Knall gehört Hatte. Ein betrunkener französischer Offizier hatte in seiner Wut von der bei der Natmleonssäuie1) stehenden Wache aus auf das Volk feuern i) Errichtet zum Andenken an die Geburt des Sohnes Napoleons, der den Titel „König von Rom" erhielt. — Zugleich wurde auch die sogenannte Napoleonshöhe angelegt. Sie wurde am 14. August 1812 von ihrem Schöpfer, dem Präsidenten v. Resch, feierlich eingeweiht und mit einer Büste Napoleons, die in einem Tempel stand, versehen. Doch schon 1813 wurden Tempel Büste durch die Verbündeten bei der Belagerung Erfurts zerstört, und abermals ein Jahr später erhielt die Anlage bei der efen Feier der denkwürdigen Völkerschlacht (am 15. Oktober 1814) den Namen Friedrich Wilhe^shohe und wurde mit einer Büste Friedrich Wilhelms Iii. geschmückt. Das schlichte mal, das sie jetzt ziert, wurde am 18. Oktober 1868 feierlich eingeweiht.

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 176

1911 - Erfurt : Keyser
— 176 — borgen und wurde von ihm sehr übel vermerkt. Er erteilte darum den Befehl, die kurfürstlich mainzischen Staaten wie Feindesland zu behandeln. Der rheinische Hauptteil des Mainzer Gebietes lag für diesen Zweck zu weit ab, umso bequemer aber hatten es die preußischen Truppen mit dem Erfurter Land. Von Sachsen aus konnten sie jederzeit und ohne große Mühe ins mainzifche Erfurt einfallen und dadurch den Kurfürsten und seine Untertanen empfindlich strafen. 1. Einmarsch derpreutzen: Am Fronleichnamstage (19. Juni) 1757, an dem alljährlich eine große Prozession in Erfurt abgehalten wird^ erschienen die Preußen zum ersten Male vor den .toren der Stadt. Zu dem Feste war bereits eine ungeheure Zahl Fremder herbeigeströmt. Auch hatte man in allen Straßen, durch welche der feierliche Auszug ging, schon die Altäre errichtet, mit grünen Zweigen besteckt und mit frischem Laub und Blumen überstreut. Da erschienen m der Frühe des Festtages einige Offiziere mit einem Trommler vor dem Krämpfertor und forderten Einlaß. Alles geriet in Aufruhr. Die herrlich geschmückten Altäre wurden wieder abgerissen und der Umzug nur im Dom abgehalten. Die zahlreichen Fremden verließen durch die anderen Tore eiligst die Stadt. Nach einigen Verhandlungen wurde der preußische Offizier Major v. Marwiz eingelassen. Er verlangte, zum Statthalter geführt zu werden. Dort angekommen, erklärte er im Namen des Königs, daß dieser gezwungen wäre, die Lasten des Krieges auf Erfurt zu legen. Zugleich überbrachte er einen Brief feines königlichen Herrn. Der Statthalter verweigerte die Annahme. Da öffnete Major v. Marwiz den Brief und las ibn laut vor. Er enthielt die Bedingungen des Königs. Sie lauteten: Einräumung der Stadt und Entwaffnung und Gefangennahme der kaiserlichen und mainzifchen Besatzung. Hierauf wollte der Statthalter nicht eingehen. Er verlangte die Abfchickung eines Eilboten an den Kurfürsten nach Mainz, damit dieser selbst entscheiden könne. Major v. Marwiz schlug diese Forderung ab. Endlich einigte man sich aus freien Einzug der Truppen in die Stadt und Verbleib der Festung in den Händen der früheren Befatznng. Kurz nach 3 Uhr nachmittags rückte der Vortrab der Preußen ein und wurde bei den Bürgern einquartiert. Am folgenden Tage kam die Hauptmacht nach. Alle Soldaten, weit über 2000, hielten vortreffliche Manneszucht. Die Bürger waren, obwohl mancher vier Mann in feinem Hanfe beherbergte, sehr mit ihnen zufrieden und bewirteten sie mit vielem Vergnügen. Wenige Tage darauf wurde Generalmarfch geschlagen, und nachmittags um 4 Uhr verließen die Preußen mit Sack und Pack die Stadt. Der Marsch ging wieder zum Krämpfertor hinaus. Einige angesehene Bürger aber und zwei der vornehmsten katholischen Geistlichen mußten als Geiseln mitziehen, da die ausgelegte

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 218

1911 - Erfurt : Keyser
— 218 — viele meiner Kameraden, und es herrschte nach geendigtem Gesänge die tiefste und feierlichste Stille. So betraten wir den französischen Grund und Boden. Vor Oppenheim mußten wir noch eine Weile warten, bis der Hauptmann wieder zurückkam, welcher Nachricht einzog, ob wir daselbst Parade machen sollten und wo wir bleiben würden. Wir marschierten dann durch nach Komtersheim, wo wir um 3 Uhr ankamen........... Fest der Königsverkündigung in Nancy: Am 4. April trafen wir nachmittags um 3 Uhr in Nancy ein. Zwei Tage später brachten Kuriere dem Grafen v. Artois, dem Bruder des Königs Louis Xviii., die Nachricht: „Napoleon ist geschlagen, Paris ist übergeben." Daraufhin wurde abends 5 Uhr bei der Mairie (Rathaus) die weiße, mit Lilien gestickte Fahne aufgesteckt, und alle Beamten und Königsgesinnten steckten eine weiße Kokarde auf den Hut, gingen zum Prinzen und wünschten ihm Glück. — Unterdessen sammelte sich das Volk aus dem Markte; es war ein Lausen und Drängen aus den Straßen, und es herrschte eine allgemeine Gärung, die endlich in ein lautes „Vive le roil Vivent les Bourbons“ ausbrach. Später wurden dann alle Häuser erleuchtet, und wir zogen von Straße zu Straße. Am andern Morgen marschierten wir Jäger nach dem Königsplatz, wo schon anderes Militär sich ausgestellt hatte, und bildeten daselbst ein Karree (Viereck). Auf der Pepirtiere (Park), welche vermittelst einiger Seitengänge an den obigen Platz stößt, waren 2 Batterien aufgefahren. Diese unterhielten eine halbe Stunde lang ein lebhaftes Schlachtfeuer. Unterdessen kam der Prinz mit feinem Gefolge und den höchsten Behörden der Stadt, alle in altfranzösischer Uniform, aus der Kirche und traten in unser Karree ein. Alles Militär, an dem der Prinz vorbeiging, rief ihm ein frohes Hoch zu. Das Volk drängte sich bis in unsere Glieder und rief, als er da vorüberging: „Vive le roi! Vivent les Bourbons!“ Mir schrie ein altes Fifcherweib die Ohren so voll, daß ich hätte mögen taub werden. Wir standen mit dem Rücken nach dem königlichen Schloß, auf dessen Balkon die Prinzessin mit ihren Hofdamen stand und den Prinzen mit weißen Tüchern grüßte, welches er ebenso erwiderte. Der Prinz ließ nun sämtliches Militär vorbeiziehen, und die Feier war beendet. Es war dieses Fest wirklich sehr feierlich, und mir war es sogar rührend. Das volle Geläute aller Glocken, und deren hat Nancy nicht wenige, der Kanonendonner aus 16 Feldstücken, das Frohlocken des Volkes, das in feiner Freude jetzt den Bruder des Prinzen als König ausrief und der königlichen Familie ein „Vivent les Bourbons!“ zujauchzte, wahrlich, ein schöner Augenblick. Gleich nach beendigter Parade mußten wir 30 Mann Wache geben; diese dienten zur Bedeckung der hohen Behörde, welche in der

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 225

1911 - Erfurt : Keyser
— 225 on fohle ganz barsch: „Foi Däibel, Hai abber das Deng a schlachten Hosten!" Dr. Ollo Kürsteu. 83. Der Strci^enkcimpf in Erfurt. 24. Rovember 1848. Vor dem Ausstand: Zu derselben Zeit, zu welcher in Ber- lin 1848 die Revolution ausbrach, begannen auch in Ersurt die Unruhen. Die Stadl war als sester Platz Mitteldeutschlands und Mittelpunkt der Thüringer Kleinstaaten zum Vorort der allgemeinen deutschen Revolution besonders geeignet. Von Ersurt aus konnten leicht alle Thüringer Staaten zu einer Republik ausgerufen werden. Darum gehörte damals das sonst so sriedliche Thüringen zu den Ländern, in welchen das aufrührerische Treiben mit am lautesten tobte. Von einem Ende zum andern, von der Werra bis zur Saale, ertönte von Stadt zu Stadt, von Dors zu Dorf auf Volksversammlungen der Ruf: „Republik", da freche Wortführer den Aufruhr predigten. In Erfurt selbst war es nur eine kleine, von gesetzlosen Ausrührern geleitete Partei, welche die unteren Klassen der Bevölkerung gegen die besseren Schichten aushetzte, in ihnen das Vertrauen gegen die Behörden untergrub und Beamte und ^oldcittit als Feinde der Freiheit und Gegner der Bürger hinstellte. Die meisten, dem wohlhabenden Bürgerstande angehörenden Bewohner waren jedem gewaltsamen Umsturz der Ordnung seind, sie liebten die Ruhe und Bequemlichkeit. Durch die Schonung aber, mit welcher man von oben dem stechen Treiben der Umstürzler zusab, wurden diese von Tag zu Tag dreister. Die ersten Tumulte: Am 14. März erfolgte der erste Ausbruch der Volksleideuschast. Ihm folgten weitere Tumulte am 1. Mai und 3. und 4. Juni. Um diesen Ausständen gewachsen zu sein, hatten die gemäßigten Bürger mit Ermächtigung der Regierung einen Schutzverein oder eine Schutzwebr gegründet. Da sie mit starken Stöcken bewaffnet war, führte sie den Namen „Knüppelgarde". Sie wurde nach dem Beispiel von Berlin und andern großen Städten später in eine bewaffnete Bürgerwehr umgewandelt. Jeder Bürgerwehrmann trug eine weiße Binde mit dem Stadtwappen am Arm und hatte sich verpflichtet, sein Gewehr nur nach Vorschrift des Hauptmannes zu gebrauchen. Anfangs tat auch die Bürgerwehr ihre Schuldigkeit, bald aber hielt sie es immer mehr mit dem niederen Volke. Kein Wunder also, daß unter dem Schutze einer solchen Bürgerwehr die Besitzlosen eine immer trotzigere Haltung gegen die höheren Stände und gegen das Militär annahmen. Es kam zuletzt soweit, daß Höherstehende abends nur noch mit Stockdegen und eisernen Stäben bewaffnet auszugehen wagten. 15

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 193

1911 - Erfurt : Keyser
— 193 — einzureihen. Als weitere Ehrung Halle die Erfurter Kaufmann-schaft beschlossen, dem Monarchen bis zur Landesgrenze enlgegen-zureiten. Der Einzug: Am Morgen des 27. Septembers verkündete das Geläut aller Glocken und der Donner der Kanonen die Ankunft des Kaisers, und alles strömte ihm zum Empfange entgegen, über welchen ein Augenzeuge berichtet: Da ich gern Zeuge des Empfanges sein wollte, schlug ich einen Schlupfweg vom Walle binab, neben dem Tore, ein und kam, ohne mich vordrängen zu müssen, bei dem Platze an, wo der Magistrat, die Universität und die Geistlichkeit versammelt waren. Als der Kaiser bei Gamstädt angekommen, wurde er sogleich von den Behörden des Landes feierlichst empfangen. Die Kaufleute ritten vor und baten um die Gnade, ihm als Leibgarde zu dienen. Der Monarch nahm ihre Bitte sehr gnädig aus und hieß sie verrufen. Hierbei zeigten die Kaufleute eine seltene Kunst und Gewandtheit, indem sie die Schwadron Husaren, welche vor dem kaiserlichen Wagen herritt, übersprengten und vor ihr hersagten. Der Monarch ließ sie dann durch seinen Adjutanten wissen, daß sie bis zur Stadt nur hinterdrein reiten möchten, um sich zu schonen. Ungefähr eine halbe Stunde vor der Stadt befahl aber Höchst-derselbe sie wieder vor. So sah ich sie auch angesprengt kommen. — Jetzt donnerten von den Wällen des Petersberges die Kanonen. Alle Glocken der Stadt ertönten, und aus allen Kehlen erscholl ein durchdringendes „Vive l’empereur!“ Die Grenadiere und Übrigen Soldaten schwenkten ihre Hüte auf den Bajonetten. Ungefähr 500 Schritte vor dem Tore hatte sich, wie ich schon bemerkte, unter Anführung des Herrn Stadtkommandanten der Ma gistrat mit den Deputierten (Abgesandten) der Bürgerschaft, der hiesigen Universität und der Geistlichkeit versammelt. Jetzt hielt der Wagen des Kaisers. Der Herr Stadtdirektor überreichte auf einem vergoldeten Becken Sr. Majestät die Schlüssel der Stadt mit einer französischen Ansprache. Diese wurde von Sr. Majestät sehr huldreich ausgenommen. . . Neues Vivatrnfen ertönte aus allen Kehlen, und dann rollten die Wagen in die Stadt. Ich zog meine Uhr, als der Wagen des Kaisers zum Brühlertorgewölbe hereinrollte. Es war Schlag 10 Uhr vormittags. Napoleon begrüßt den König von Sachsen: Von hier fuhr der Kaiser zum Gouncrncmcnt (Regierungsgebäude), wo er vom Könige von Sachsen bewillkommnet wurde. Nachdem er sich dann umgekleidet hatte, setzte er sich in einfacher Uniform, dunkelblauer Rock mit ^"llblauem Ordensbande, und mit dem gewöhnlichen schwarzen Hütchen, das ihn so sehr kennzeichnet, zu Pferde und machte dem König den Gegenbesuch. Zu dieser Zeit war der Fischmarkt angefüllt mit der Garde zu Pferde, Husaren und Ehas- 13

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 199

1911 - Erfurt : Keyser
— 199 — Fenster des Geleitshauses bis auf eins, das heule noch vermauert ist, wieder geöffnet wurden. Verlauf eines Tages: Am Tage sah man niemand arbei- ten, nur die Sekretäre der Minister waren anscheinend mit Abschreiben beschäftigt. Die Tagesstunden schienen ausschließlich dem Vergnügen gewidmet zu fein. Gegen 9 Uhr vormittags fuhren die Herrschaften zur Audienz beim Lever (Morgenauswartung) der beiden Kaiser, und der Rest des Vormittags verstrich unter wechselseitigen Besuchen. Bei der Tafel kamen die Monarchen öfter mit Napoleon zusammen, bei welchem in der Regel nur der Kaiser Alexander speiste. Nach 7 Uhr abends begaben sich die beiden Majestäten und die meisten der anwesenden Großen ins Theater. — Nach Schluß desselben begleitete Napoleon den russischen Kaiser zur Wohnung, wo dann bei verschlossenen Türen oft bis *2 oder 3 Uhr nachts Verhandlungen gepflogen wurden. Häufig kamen auch die Kaiser zur Nachtzeit auf dem Gouvernement zusammen, und die wichtigsten Besprechungen wurden tun diese Zeit gehalten, so daß die Sekretäre der Minister selten vor 5 Uhr morgens zu Bett kamen. Napoleon und die Fürsten: So spielte sich der geschäft- liche Teil des Kongresses tief in der Nacht ab. Während der Erfurter Bürger längst in den Federn lag, wurde in den Mauern feiner Stadt über die Geschicke Europas bereiten und von den mächtigsten Herrschern ein Bündnis geschlossen, ohne daß auch nur das Geringste davon in die Oeffentlichkeit drang. Nur so viel war auch dem Nichteingeweihten klar, daß die einzigen handelnden Personen die beiden Kaiser waren. Die erst auf ihren eigenen Wunsch hinzugezogenen deutschen Fürsten bildeten den glänzenden Hintergrund, von dem die Figur Napoleons sich um so wirkungsvoller abhob. Nur ein deutscher Fürst stand Napoleon näher und wurde von ihm bei jeder sich darbietenden Gelegenheit ausgezeichnet: der König von Sachsen. Den übrigen deutschen Fürsten trat Napoleon mehr oder weniger kühl-höflich und zurückhaltend gegenüber. Für sie war der Besuch des Kongresses, dem sie, ohne den Gewaltigen zu erzürnen, nicht sern bleiben konnten, keine Annehmlichkeit. Hierfür sei ein Beispiel aufgeführt. Napoleon hatte Befehl erteilt, daß die Hauptwache nur bei feinem und des ruffifchen Kaisers Erscheinen ins Gewehr treten solle. Eines Tages kommt ein König mit seinem Gefolge auf die Hauptwache zu, der Wachtposten, sei es, daß er feine Anweisung nicht genau kannte oder daß er unsicher geworden war, ruft die Wache heraus. Die Soldaten eilen an die Gewehre. Doch der französische Wachtoffizier erkennt mit einem Blick den Irrtum und brüllt den Wachtposten an: „Taisez-vous, ce n’est qu’un roi!“ Die Soldaten fetzen die Gewehre wieder hin und verschwinden im Wachtgebäude; die bereits

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 226

1911 - Erfurt : Keyser
— 226 — Der Novemberaufstand: Im November erreichte die Erbitterung ihren höchsten Grad, als ein Teil der Landwehrleute der Erfurter und Weißenseer Kompanie einberufen und eingekleidet werden sollte. Anfangs war die Einkleidung auf den 19. November festgesetzt. Sie wurde aber durch einen nach Tausenden zählenden Volkshaufen gewaltsam gehindert, so daß man die Landwehrleute einstweilig in ihre Heimat entlassen mußte. Da aber diese vorläufige Entlassung höheren Ortes gemißbilligt wurde, erfolgte zum 24. November eine neue Einberufung. Und wirklich erschien auch, trotz aller Bemühungen der Aufrührer, früh um 8 Uhr ein großer Teil der Landwehr, namentlich die aus dem Landkreise, vor dem Exerzierhause (im Hofe des Augustinerklosters, heute Offizierkasino). Der größere Teil der Landwehr der Stadt Erfurt aber verweigerte den Eintritt in den Hof und zog dann, begleitet von einer großen Volksmenge, welche die Aufregung durch Geschrei und Toben noch mehr steigerte, vor das Zeughaus (Packhof, Ecke Bahnhosstraße), um dort die Einkleidung nötigenfalls mit Gewalt zu verhindern. Eine Aufforderung der Polizei-beamten an das Volk, den Platz zu verlassen, und an die Landwehrleute, nach dem Exerzierhause zurückzugehen, blieb ohne Erfolg; zuletzt mußten sich die Beamten zurückziehen, da man sich tätlich an ihnen vergriff. Nun wurde durch Hornsignale die Vür-gerwehr zusammengerufen. Diese erschien auch im Verlauf einer halben Stunde auf dem Anger, doch nicht vollzählig, da viele bessere Bürger ausblieben, und rückte in die Nähe des Zeughauses. Es gelang ihr aber nicht, die Menge zum Auseinandergehen zu bewegen, wohl aber gesellten sich zu ihren Reihen viele andere, teils mit Flinten, Hacken, Mistgabeln, gradgeschmiedeten Sensen usw. bewaffnete Personen, die von Männern geführt wurden, welche wie Bürgeroffiziere gekleidet waren. Und diese Menschen wurden von einem Teil der Bürgerwehr brüderlich begrüßt. Da muß man sich wirklich fragen, wie der Oberführer der Bürgerwehr eine solche mit allerlei Mordwerkzeugen bewaffnete Rotte in seinen Reihen hat dulden können. Seine Pflicht wäre es unbedingt gewesen, diese Rotte unschädlich zu machen, sie nötigenfalls vom Militär entwaffnen zu lassen. — Zu gleicher Zeit hatte sich auf dem Anger auch eine Menge Frauen mit Säcken und Körben aufgestellt, um, wenn es zur Plünderung käme, gleich bei der Hand zu sein. — Nun ereignete sich folgender Zwischenfall. Ein Zug Kürassiere wurde von dem Platze vor der Kommandantur am Anger nach dem Friedrich Wilhelmsplatz gesandt. Als diese Patrouille in die Schlösserstraße kam, warf sich ihr ein mit Spießen, Aexten und dergleichen bewaffneter Haufe entgegen. Zwar gelang es ihm nicht, die Kürassiere zurückzudrängen; aber sie wurden mit Steinen beworfen, auch wurden drei Schüsse auf sie abgefeuert. Dieser Vorfall, sowie die Meldung, daß das gebildete Landwehrbataillon
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